Mehr als 100 Jahre Hensoltshöhe
Die ersten Diakonissen kamen im Jahr 1905 aus Westpreußen nach Gunzenhausen. Sie stammten aus dem Vandsburger Werk, aus dem später der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband hervorging. Sie wurden auf die Hensoltshöhe entsandt. Der fromme Augsburger Unternehmer Ernest Mehl hatte die nach dem früheren Bürgermeister Hensolt benannte Gartenwirtschaft, einem ehemaligen Ausflugslokal am Stadtrand, erworben, um dort zusätzlich ein christliches Erholungsheim zu errichten. Das Diakonissen-Mutterhaus Hensoltshöhe wurde vier Jahre später, im Jahr 1909, eröffnet. Im Lauf der Zeit übernahmen die Diakonissen vielfältige Aufgaben. So entwickelte sich die Hensoltshöhe bis heute zu einem der bedeutendsten Werke der missionarischen Diakonie.
20. Oktober 1899 Gründung eines Gemeinschafts-Schwesternhauses durch Pfarrer Carl Ferdinand Blazejewski in Borken/Ostpreußen, das ein Jahr später nach Vandsburg/Westpreußen übersiedelt. Unter den ersten vier Diakonissen ist auch Schwester Anna Kolitz, die erste Oberin des Mutterhauses Hensoltshöhe.
1903 Ernest Mehl, Direktor der Augsburger Kammgarnspinnerei, erwirbt die Gartenwirtschaft Hensoltshöhe sowie weitere umliegende Grundstücke. Als frommer Mann mit Weitblick ist er tief durchdrungen von der Überzeugung, dass die Hensoltshöhe zu einem Geistlichen Zentrum für Franken und darüber hinaus wachsen wird. Damit wird der Grundstein für die zukünftige Arbeit gelegt.
1905 Ernest Mehl errichtet das geplante Erholungsheim. Die ersten Vandsburger Diakonissen kommen zur Betreuung der Gäste nach Gunzenhausen.
1. Mai 1909 Offizieller Gründungstag des Diakonissen-Mutterhauses Hensoltshöhe.
1910 Gründung der ersten Außenstation: Privat-Krankenpflege in Nürnberg
1914 Beginn der Kindergartenarbeit.
1914/1915 Ein Neubau des Erholungsheims wird fertiggestellt (späteres Kurheim, heute Haus Salem)
1919 Beginn der Schultätigkeit; Übernahme der Trinkerheilstätte Haus Immanuel Hutschdorf, heute Fachklinik für suchtkranke Frauen, heute als ein Teil der DGD-Kliniken.
1920 Beginn der christlichen Freizeitarbeit; Gründung der Blättermissionsarbeit in Nürnberg. Daraus ist die Stiftung Marburger Medien hervorgegangen.
1921 Zusammenschluss von pietistischen Gemeinschaftskreisen zum Hensoltshöher Gemeinschaftsverband (HGV).
1925 Aussendung der ersten Hensoltshöher Diakonisse zur Missionsarbeit in China.
1926 Fertigstellung der Konferenzhalle Zion mit heute rund 1.800 Sitzplätzen.
1927 Gründung des Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnen-Seminars, heute Fachakademie für Sozialpädagogik.
1933 Öffnung gegenüber den Nationalsozialisten in der Hoffnung auf erweiterte missionarische Möglichkeiten.
1939 - 1942 Nach und nach Schließung aller Schulen durch den Staat.
1945 Eingeständnis des Irrweges während der Zeit des Nationalsozialismus (weitere Informationen siehe unten). Neuordnung des Verhältnisses zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
1945 - 1954 Neubeginn vor allem im Schulbereich. Umwandlung des Erholungsheims in ein Kurheim, der therapeutische Schwerpunkt liegt auf Naturheilkunde und auf Kneippschen Anwendungen.
1960 Beginn eines christlichen Gästehauses in Sulzbrunn bei Kempten, das 1967 nach Moosbach umzieht.
1962 - 1964 Für die altgewordenen Diakonissen wird das Feierabendhaus Büchelberg erbaut.
1970 Umzug der Mädchenrealschule von Haus Eben-Ezer in den Neubau an der Lindleinswasenstraße, Gunzenhausen.
1978 Einweihung des Bibel- und Tagungsheimes Bethanien in Gunzenhausen - heute Teil der Altmühlseeklinik Hensoltshöhe.
1989 Erster großer Frauentag in der Zionshalle, der seither alle zwei bis drei Jahre stattfindet.
1990 Das Kurheim wird in „Sanatorium Hensoltshöhe“ umbenannt.
1993 - 1995 Neubau des Sanatoriums Hensoltshöhe zur Rehabilitations- und AHB-Klinik.
1999 Einweihung des erneuerten Bethelsaales mit Seminarräumen.
2001 Renovierung der Zionshalle einschließlich zeitgemäßer medientechnischer Ausstattung und Neugestaltung der sanitären Anlagen.
2001 - 2003 Das Feierabendhaus Büchelberg bekommt einen großzügigen Erweiterungsbau für die pflegebedürftigen Schwestern.
2002 Gründung des Vereins der „Freunde und Förderer des Gemeinschafts-Diakonissen-Mutterhauses Hensoltshöhe“; Umbau der Realschule anlässlich der Umstellung auf sechsstufigen Schulbetrieb. Umwandlung des Hauses Eben-Ezer in ein Verwaltungsgebäude.
2003 Umzug der Fachakademie für Sozialpädagogik vom Haus Silo in die Lindleinswasenstraße, Gunzenhausen.
1. Mai 2009 100. Geburtstag des Mutterhauses.
2010 Einweihung der renovierten Ammerseehäuser in Riederau
2012 Umzug des Kindergartens und Schülerhortes ins Familienzentrum Sonnenhof in der Lindleinswasenstraße.
2014 Umbenennung des Sanatorium in „Altmühlseeklinik Hensoltshöhe“ und Erweiterung durch das ehemalige Gästehaus Bethanien.
2014 Gründung der WEGE-Gemeinschaft
2014 Gründung der heutigen "Flüchtlings- und Integrationsberatung Hensoltshöhe" im ehemaligen Schwestern-Feierabendhaus in Neuenmarkt.
18. Dezember 2015 Gründung der Stiftung Hensoltshöhe unter dem neuen Claim "Wo Himmel und Leben sich berühren."
2016 Gründung der Stiftung Hensoltshöhe gGmbH
2016 Einweihung des modernisierten Mutterhauses nach dreijähriger Bauzeit.
2016 Verkauf von Haus Silo an die Stadt Gunzenhausen.
2017 Das Haus Waldeck wird zu einem Wohnheim für Studierende der Fachakademie für Sozialpädagogik Hensoltshöhe umgewidmet.
2017 Abschluss der „Regionalen Vereinbarung zwischen dem evang.-luth. Dekanatsbezirk Gunzenhausen, der evang.-luth. Kirchengemeinde Gunzenhausen und der „Stiftung Hensoltshöhe“ in Gunzenhausen, im Rahmen der evang.-luth. Kirche in Bayern“. Die verschiedenen geistlichen Angebote der „Stiftung Hensoltshöhe“ werden fortan unter der Bezeichnung „Geistliches Zentrum Hensoltshöhe“ geführt.
2018 Das ehemalige Wohnhaus am Sonnenhof wird zum Jugendtreffpunkt des Geistlichen Zentrums umfunktioniert.
Der DGD und die Hensoltshöhe in der NS-Zeit
Anlässlich des 100-jährigen DGD-Jubiläums im Jahr 1999 danken wir Gott für eine bewegte Geschichte, in der sein Wirken unter uns in allen Jahrzehnten unverkennbar ist. Im geistlichen Klima der Erweckungsbewegung haben Väter und Mütter des DGD ein Werk begonnen, durch das viele gesegnet wurden. Rückblickend nehmen wir die Licht- und Schattenseiten unserer eigenen Geschichte neu wahr. Das gilt auch für die Entwicklungen und Verhältnisse in der Zeit des Nationalsozialismus. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch in den folgenden Jahren haben leitende Mitarbeiter unseres Werkes in verschiedener Weise Schuld bekannt und um Vergebung gebeten. Weil aber ein allgemeines Eingeständnis unserer Schuldverstrickung in dieser Epoche bisher nicht vorliegt, nehmen wir wie folgt Stellung:
Wir reagieren bis heute erschrocken, wenn wir historische Zeugnisse lesen über menschliche Irrwege, aber auch Versäumnisse im praktischen Handeln und in der Klarheit des Bekenntnisses, wie sie besonders in der NS-Zeit und auch unter uns zutage getreten sind. Wir bedauern, dass zu lange über die Schattenseiten dieser Geschichte geschwiegen und nicht früher der Versuch unternommen wurde, sie aufzuarbeiten.
Mit den bewährten Schwerpunkten unserer Arbeit – Erweckung, Evangelisation und Volksmission – sollte auch unter den neuen Verhältnissen das ganze Volk erreicht werden. Diese Grundhaltung führte anfangs zur Mitgliedschaft leitender Mitarbeiter bei den "Deutschen Christen" und zur Empfehlung an die Werkglieder, in NS-Organisationen einzutreten und in ihnen mitzuarbeiten. Wir gestehen ein, dass neben bewundernswerter missionarischer Leidenschaft und Hingabe an den von Gott gegebenen Auftrag deutliche Defizite an biblisch-theologischer Lehre zutage getreten sind. Dies ist auch in der Beurteilung des Dritten Reiches und der Gruppen im Kirchenkampf offenbar geworden.
Betroffen stellen wir fest, daß die damalige Leitung des DGD, soweit wir das aus der Kenntnis der Unterlagen beurteilen können, die unheimliche Verführung des Dritten Reiches nicht durchschaute. Dies war auch bedingt durch den Versuch kirchenpolitischer Neutralität, durch eine weitgehend unkritische Einstellung gegenüber den neuen Machthabern und später durch die Sorge um den Fortbestand des Werkes.
Es ist für uns nicht nachvollziehbar, daß die Leitung des DGD Hitler als Führer und Retter des Vaterlands angesehen hat. Die damals positiv gedeuteten Erfahrungen mit dem stark auf Gehorsam ausgerichteten Leitungsstil innerhalb unseres Werkes haben diese Sichtweise offensichtlich gefördert.
Wir beklagen eine teilweise Abweichung des DGD von seiner früheren Hoffnung auf die endzeitliche Rolle Israels, so dass die vielfach verbreitete Haltung des Antijudaismus übernommen wurde, wonach die Juden wegen der Ablehnung Jesu als Messias für alle Zeiten verworfen und unter dem Gericht Gottes sind. Dies wird auch nicht dadurch gemildert, daß einige Juden durch Werkglieder vor Not und Verfolgung bewahrt werden konnten.
Wir bedauern, dass fehlende Hörbereitschaft auf gewichtige Stimmen im deutschen Pietismus und mangelnde Korrekturbereitschaft den Austritt aus dem Gnadauer Verband (1935-1946) vorbereitet haben und dass warnende Stimmen aus den eigenen Reihen bei der Leitung wenig Gehör fanden.
Weil häufig erst geschichtlicher Abstand als verworren empfundene Verhältnisse und Situationen durchschaubar werden lässt und in dem Wissen, daß wir selbst immer wieder vor Gott und Menschen schuldig werden, wollen wir uns nicht zum Richter über eine vergangene Generation erheben. Das letzte Urteil über Personen und Geschichte – auch unseres Werkes - spricht allein Gott. Wir bitten aber alle um Vergebung, die bei uns und durch uns politisch unter Druck gesetzt wurden oder in anderer Weise zu Schaden gekommen sind.
Aufgrund dieser geschichtlichen Erfahrungen wollen wir die Erkenntnis unter uns wach halten, dass die Verknüpfung von missionarischem Engagement und biblisch-reformatorischer Lehre, die Prüfung der Geister und die Bereitschaft zur Korrektur für unser Werk unerlässlich sind.
Die erweiterte Mitgliederversammlung (Hauselterntagung) des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverbandes
Lemförde, den 04.03.1999